Gerhard Roth:
„Problematischerweise beruhen das geltende Strafrecht und sein Schuldprinzip auf dem Kant’schen Prinzip der Willensfreiheit. Danach hatte der Straftäter trotz aller Bedingtheit durch Persönlichkeit und Umstände die Möglichkeit, sich für das Recht und gegen das Unrecht zu entscheiden; dass er dies nicht tat, begründet seine Schuld.
Psychologen, Hirnforscher und auch viele Strafrechtler halten diese Schuldbegründung für absurd. Wie zahlreiche, auch eigene, Untersuchungen über chronische Gewalttäter zeigen, liegen die Ursachen für deren Tun in genetischen und psychosozialen Defiziten, die der Täter gar nicht steuern konnte. Auch wenn der Täter wie jeder geistig gesunde Mensch für seine Taten verantwortlich ist, ist er doch nicht moralisch schuldig.“
Theeuropean:Gerhard Roth – Die Freiheit des Willens
KRITIK
Geistig gesund oder nicht – spielt mit der Negation eines freien Willens keine Rolle mehr.
Jeder Täter ist unschuldig im Sinne von nicht moralisch schuldig.
Jeder Täter ist in gleicher Weise für seine Tat verantwortlich wie ein geistig gesunder oder geistig unzurechnungsfähiger Mensch für seine Tat verantwortlich ist.
Der Täter hat eine (Straf)-Tat kausal verursacht.
Er war kausal verursachend, wie zB ein durchgegangenes Pferd kausal verursachend für die Verletzung eines von diesem zu Boden gerissenen Menschen sein kann.
Strafrechtliche Schuld bedeutet Vorwerfbarkeit, die Annahme also, dass der Täter auch anders hätte handeln können.
Wenn der Mensch keinen freien Willen hat, gibt es für keinerlei Taten die Möglichkeit der Vorwerfbarkeit, ganz gleich, ob diese von einem geistig gesunden oder geistig kranken Täter begangen wurden.