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Taschenspielertricks
„Der Determinismus ist ja nur deswegen etwas, was uns beunruhigt, wenn wir über den freien Willen reden, weil wir das Gefühl haben, dass es irgendetwas gibt – die Naturgesetze, der liebe Gott, unser Gehirn, was für uns handelt. Dafür aber haben wir keine Indizien.“
Markus Gabriel, Podcast, Deutschlandfunk, 10. 11. 2016
Die Naturgesetze handeln für uns? Hat man jemals einen Physiker davon sprechen hören, die Naturgesetze handelten für einen? Naturgesetze beschreiben Kräfte und Gesetze, denen alle Materie bis auf die Teilchenebene unterliegt und jeder Mensch, da ebenfalls aus Atomen und Teilchen aufgebaut, unterliegt daher auch denselben Kräften und Gesetzen.
Wer soll mit „wir“ überhaupt gemeint sein? Zombies, für die die Naturgesetze das Handeln übernommen haben? In die rhetorische Frage hat Gabriel praktischerweise das, was er zunächst einmal zu beweisen hätte, dass es da nämlich ein Gegenüber, ein Außerhalb zu den Naturgesetzen geben könnte, gleich mal als unhinterfragte Prämisse hineingelegt, um daran anschließend Wissenschaftlern Behauptungen zu unterstellen, die diese niemals geäußert haben. (mehr …)
Vom Nutzen der Illusion, einen freien Willen zu haben
Wenn es den freien Willen nicht gibt, warum ist dann die Vorstellung, über einen solchen zu verfügen, so präsent, so allgegenwärtig und faktisch bei allen Menschen wirksam?
Jedermann erlebt sich in einem fortwährenden Zwiegespräch, das aus einem unendlichen Strom an Gedanken, Abwägungen besteht und unterbrochen wird nur durch Bewusstlosigkeit und Schlaf; aber manchmal gehen die Überlegungen auch noch in den Träumen weiter.
Dieses gedankliche Selbsterleben, das man schon von Kindheit an bei sich wahrnimmt, diese Überzeugung, dass man doch frei sei und sich entweder für das eine und gegen das andere entscheiden könnte, wird umstandslos auf die Mitmenschen übertragen. Warum nun sollte man dieses überzeugende Gefühl, dass man Urheber seiner Entscheidungen sei, in Zweifel ziehen? Ich weiß, dass ich frei bin, da ich dauernd so fühle. Und wenn andere Menschen, die ja wie ich sind, etwas Unrechtes tun, gar ein Verbrechen begehen, dann haben sie es getan, weil sie es so wollten, sie hätten sich auch dagegen entscheiden können, denn ich konnte es ja auch.
Nur: Diese Eigenwahrnehmung ist falsch. Man weiß nichts von dem, was im eigenen oder fremden Gehirn im Allgemeinen und bei den konkreten Entscheidungen im Besonderen abgelaufen ist – und das ist auch gut so.
Wolf Singer: Das Gehirn, ein sich selbst organisierendes System
Die funktionelle Architektur des menschlichen Gehirns wird durch drei ineinander übergreifende Prozesse bestimmt :
1. Evolution– Die ererbte genetische Anlage legt die Grundverschaltung fest und verankert auf diese Weise Wahrnehmungsverschaltung und Verhaltensroutinen, die sich im Laufe der Evolution durch Anpassung und Selektion ausgebildet haben. In diesen genetische Strukturen ist also bereits Wissen über die Welt niedergelegt.
2. Wird die Architektur menschlicher Gehirne während eines langen Entwicklungsprozesses nachhaltig von Umweltprozessen geprägt
3. Verschaltungen werden durch lebenslanges Lernen weiter verändert. Letzteres beruht ebenfalls auf Änderungen der funktionellen Architektur des Gehirns“
Der Ausschnitt der Welt – Über die Limitierung unserer Erkenntnismöglichkeiten
„Wir können natürlich nur erkennen, erdenken und uns vorstellen, was die kognitiven Funktionen unseres Gehirns uns zu erfassen erlauben. … Diese Leistungen sind mit ganz großer Wahrscheinlichkeit sehr eingeschränkt. Das Gehirn hat sich, wie alle anderen Organe und wie der Organismus als Ganzes, im Lauf der Evolution an die Bedingungen der vorgefundenen Welt angepasst, nicht anders als die Fischflosse an Eigenschaften des Wassers. Diese Anpassungen erfolgten an jenen Bereich der Welt, in dem sich Leben entwickeln konnte. Und dies ist ein extrem schmaler Ausschnitt des uns bis jetzt bekannten Universums. Leben hat sich in einer Dimension entwickelt, die sich von Mikrometern – der Raum der Bakterien – bis zu einigen Metern erstreckt. Das ist der Ausschnitt der Welt, der für das Überleben relevant ist. In diesem Segment sind ganz bestimmt Qualitäten und Gesetzmäßigkeiten prävalent. Es ist der Bereich solider Objekte und abgegrenzter Gegenstände. In der Quantenwelt und der kosmischen Dimension herrschen gänzlich andere Bedingungen. “ (mehr …)