Illusion Willensfreiheit

Startseite » 2023 » Januar

Archiv für den Monat Januar 2023

„Eifersuchtswahn“ – BGH kassiert Freispruch des Landgerichts Saarlouis – ein richtiges Urteil, wenn auch aus den falschen Gründen

Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Hiergegen wendet sich der Nebenkläger mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in Einklang mit der Auffassung des Generalbundesanwalts Erfolg.“

Psychotiker (Geisteskranke) Alkoholisierte / schwer Intelligenzgeminderte – das sind die Spitzen jener Eisberge, an welchen Richter erkennen, dass es mit der Steuerungsfähigkeit von – wie Sie annehmen, nur bestimmten Menschen – nicht allzu gut bestellt ist.

Was sie dabei übersehen, ist, dass kein einziger Mensch steuerungsfähig in dem Sinne ist, unter mehreren möglichen Zukünften, wählen zu können. Dies wird aber vom Gesetzgeber angenommen, siehe §20 StGB schuldunfähig ist, wer (infolge seelischer Störung etc.) unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Im Grunde geht es eigentlich um gestörte, verminderte Anpassungsfähigkeiten von Psychotikern / Alkoholisierten und Intelligenzgeminderten, die, weil sie so viel schlechter sind, im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung, der es gelingt, sich den Normen der Gesellschaft so weit anzupassen, dass sie nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommt, in den Fokus der Justitia geraten.

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit vom versuchten Totschlag freigesprochen, da nicht auszuschließen sei, dass die Steuerungsfähigkeit des Täters während der Tatbegehung völlig aufgehoben gewesen sei.

Das Landgericht geht also davon aus, dass Menschen grundsätzlich dazu in der Lage seien, das Unrecht einer Tat einzusehen und / oder nach dieser Einsicht zu handeln, sich also gesetzeskonform zu verhalten und sich unter mehreren Zukünften die gewünschte aussuchen zu können.

Kommt es doch zu einer Tatbegehung, dann trifft den Täter keine Schuld, sofern er unter einem Wahn oder einer Psychose gehandelt hat, denn dann fehlte ihm ja die Steuerungsfähigkeit, die jeder „normale“, sich normgerecht verhaltende Mensch, besitzen soll.

Dass kein Mensch über eine solche Steuerungsfähigkeit, die einem die Wahl unter mehreren Zukünften lässt, verfügt, davon wissen die Richter offensichtlich nichts. Ein solches Wissen würde ja auch die gesamte Strafrechtsdogmatik zum Einsturz bringen.

Der BGH argumentiert, das Vorliegen von Eifersuchtswahn sei nicht wirklich geprüft worden. Als Grundlage für diese Annahme hätte man ja nur die Aussage eines Polizisten, deren Einzelheiten aber nicht vorlägen. Es könnte ja sein, dass der Täter sich eben nicht alles nur eingebildet habe, dass es also Gründe für die Eifersucht des Verurteilten gegeben haben könnte. Und dann könnte man nicht von einem Eifersuchtswahn sprechen. Der Prüfung dieser Frage hätte das Landgericht tatsächlich nachgehen müssen und ihr Unterlassen rügt der BGH.