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Eternal Morality – What Julian Baggini is wrong about
The British philosopher Julian Baggini is right when he writes in an article on Big Think:
“ the idea that racist, sexist or otherwise bigoted views automatically disqualify a historical figure from admiration is misguided. Anyone who cannot bring themselves to admire such a historical figure betrays a profound lack of understanding about just how socially conditioned all our minds are, even the greatest. Because the prejudice seems so self-evidently wrong, they just cannot imagine how anyone could fail to see this without being depraved.
Their outrage arrogantly supposes that they are so virtuous that they would never be so immoral, even when everyone around them was blind to the injustice. „
But Baggini is wrong in the following:
„But there is a very important difference between the living and the dead. The living can come to see how their actions were wrong, acknowledge that, and show remorse.
We are not responsible for creating the distorted values that shaped us and our society but we can learn to take responsibility for how we deal with them now.“
For even the living cannot choose whether or not what they do corresponds to the values and moral rules of their society (since there is no free will).
That is why there is no difference between the dead and the living and that is why there can be no attribution of guilt to the latter. The only difference that there is for the living is that they live in a different time than the dead and thus in an environment in which the prevailing morality has changed: whether the living can adapt their behavior to it or not, they do not have that in control.
Sentences such as that the living could „learn to take responsibility“ „are nothing but
philosophical chit-chat.
„But the worry that we would be unable to condemn what most needs condemnation is baseless. Misogyny and racism are no less repulsive because they are the products of societies as much, if not more, than they are of individuals. To excuse Hume is not to excuse racism; to excuse Aristotle is not to excuse sexism. Racism and sexism were never okay, people simply wrongly believed that they were.“
Racism and sexism were never okay, people simply wrongly believed that they were – that is such a ridiculous sentence … as if one were to say that it was never okay to hold slaves, to believe in witches or that human sacrifices graciously appease the gods … .
There is no natural law for a certain morality. There is no natural law that excludes racism, sexism or slavery or homophobia.
Morality is always a product of the environment, of society, there is no such thing as a superior morality that would always and at all times be valid.
Warum die Physik zum Freien Willen besser schweigen sollte – What?
Für Florian Aigner, Physiker und Wissenschaftsjournalist, ist das mit dem freien Willeneine ganz einfache Sache. In: Der Zufall, das Universum und Du schreibt er:
„Es mag schon sein, dass der freie Wille auf der Aktivität unserer Nervenzellen beruht, und dass diese Nervenzellaktivität nichts anderes ist als eine Folge von chemischen und physikalischen Reaktionen. Doch das bedeutet nicht, dass wir auf der Ebene der Physik über Willensfreiheit reden können. Das ist nun mal ein Begriff der dort nichts verloren hat. Wir können auch niemandem erklären, wie eine Papaya schmeckt, wenn wir ihre chemischen Inhaltsstoffe sauber und gründlich aufschreiben.“ (1)
Aigner vermengt hier zunächst das Thema der Qualia mit der Frage des freien Willens; Qualia sind nicht Gegenstand der Willensfreiheitsdebatte. Diese handelt von der Vorstellung, dass der Mensch in einer konkreten Situation anders hätte handeln können, als er tatsächlich gehandelt hat. Auf dieser Annahme gründet der Schuldvorwurf.
Willensfreiheit beinhaltet jedoch nicht die Frage, wie es sich anfühlt, der Täter einer bestimmten Straftat zu sein.
Oberflächlich betrachtet hat Aigner recht: Auf der Ebene der Physik kann man im Prinzip über nichts Menschliches Allzumenschliches mehr sprechen: Liebe, Hass, Neid, Gier, Habsucht, Freundschaft – alle diese Konzepte sind in der Welt der vier fundamentalen Wechselwirkungen – Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung und Gravitation – sinnlos, man trifft sie dort schlicht nicht an. Nur beruht das Phänomen des Verliebtseins etwa nicht auf Gehirnaktivität? Alle Empfindungen werden schließlich durch Nervenzellaktivitäten hervorgebracht und diese beruhen wiederum – wie Aigner selbst konstatiert – auf elektrischen und chemischen Prozessen und unterliegen also ausnahmslos den Gesetzen der Physik.
Und wenn alles Verhalten, ob von Mensch oder Tier, von den vier fundamentalen Gesetzen der Wechselwirkung regiert wird, dann KANN es keine Willensfreiheit, keine Freiheit von diesen physikalischen Gesetzen geben. Auf welcher Beschreibungsebene man auch immer ansetzt, ist dabei völlig gleichgültig: jede Behauptung, durch die impliziert wird, man könne in irgendeiner Weise unabhängig von diesen Gesetzen denken, fühlen oder handeln, verletzt das Standardmodell der Physik.
Im Grunde führt Aigner ein Scheinargument auf, wenn er insistiert, die Physik sei für die Frage nach dem Freien Willen schlicht nicht zuständig. Denn selbstverständlich dürfen auf keiner einzigen Beschreibungsebene Annahmen gemacht werden, die den physikalischen Grundprinzipien zuwiderlaufen; sie müssen mit diesen vereinbar sein.
Harroganz – when Halbwissen meets Arroganz
Philosophen, die der Meinung sind, das Thema Willensfreiheit sei vor allem ihr Metier und noch vor Neurologen oder anderen Naturwissenschaftlern sei es an ihnen, Aussagen über die Existenz oder Nichtexistenz des freien Willens zu treffen, hat man ja schon einige kennen lernen dürfen. Es zeigte sich dann wiederholt, dass die selbstgewisse Proklamation fachlicher Zuständigkeit sich oftmals umgekehrt proportional zu dem von den Philosophen gezeigten Verständnis wissenschaftlicher Zusammenhänge verhielt, knowledge gaps everywhere; man ist also schon einiges gewohnt.
Das Ausmaß an Herablassung bei gleichzeitiger Ahnungslosigkeit zum Thema selbst, das Thomas Metzinger in einem Interview auf Telepolis offenbart, ergibt dann aber doch noch mal eine besondere Qualität und würde es die Metapher vom Elfenbeinturm nicht geben, man müsste sie aus Anlass von Metzingers Äußerungen neu erfinden.
„Selbstgefällige ältere Herren“
Befragt zu den verschiedenen Positionen, die es in der Debatte um die Willensfreiheit gibt, behauptet Metzinger, es gäbe diese Parteien gar nicht, stattdessen aber:
“ Was es gibt, sind selbstgefällige ältere Herren, die etwas über 30 Jahre alte Experimente von Benjamin Libet aufgeschnappt haben und sich im Feuilleton konservativer Tageszeitungen lächerlich machen. Es gibt auch einige wenige Vertreter der Hirnforschung, die die Feinheiten der philosophischen Willensfreiheitsdebatte nicht kennen …und dem öffentlichen Ruf ihrer eigenen akademischen Disziplin schaden.“
Wer die selbstgefälligen älteren Herren sind, und weshalb sie sich lächerlich gemacht und welche Hirnforscher warum dem Ruf ihrer akademischen Disziplin geschadet haben – man erfährt es nicht; zu allem schweigt Herr Metzinger vornehm, so wie er sich auch über Jahre zur Debatte um den freien Willen ausschweigen musste: „Ich bin wirklich froh, dass ich die innere Disziplin aufgebracht habe, die so genannte „Willensfreiheitsdebatte“ über die letzten Jahre zu boykottieren“.
TOO BIG TO BE DISCUSSED
Herrn Metzinger treibt zudem noch ein ganz besonderes Problem um, das sich häufig einstellt, wenn man im Elfenbeinturm wohnt: (mehr …)
Freier Wille – nur eine Fata Morgana
It is fine to talk of free will as an emergent, or even convergent result, yet if that result is an illusion, then we still can’t call it real. I would say that Free-will is less like a baseball and more like a mirage in the desert. It is as real to us as water when we see it, but when we get up close it disappears.
Bei der Nase des Philosophen
Der Philosoph Peter Strasser empört sich in der NZZ, ( „Verschwindet mit dem freien Willen auch die freie Gesellschaft?“ ) über Aussagen der Neurowissenschaften im Allgemeinen und kritisiert die Relevanz ihrer Experimente im Besonderen und zeigt en passant was passiert, wenn Philosophen sich anmaßen, über naturwissenschaftliche Testverfahren urteilen zu können, die sie offensichtlich nicht nur nicht verstanden haben, sondern die sie noch nicht einmal zu unterscheiden in der Lage sind.
Strasser führt aus, dass seit den Libet-Experimenten die Resultate der Hirnforschung zwar immer in dieselbe Richtung deuteten: Der Mensch entscheidet nicht und weder gibt es das Ich noch den freien Willen, jedoch; die Fortführung der Experimente zeige etwas „Differenziertes“ :
„Zwar beginnt der Aufbau des sogenannten «Bereitschaftspotenzials» im Gehirn schon Sekunden, ja Minuten vor der vermeintlich freien Entscheidung. Aber die Prognosen gehen umso öfter fehl, je mehr Zeit die Person hat, gute Gründe für ihre Entscheidung zu finden. „
Das Bereitschaftspotenzial erscheint schon Minuten vor der Entscheidung?
Das Bereitschaftspotential gehört zur Gruppe der langsamen antizipatorischen Potentiale, es lässt sich elektrisch (per EEG) ableiten und tritt kurz, im Millisekundenbereich, vor willkürlichen Bewegungen in der Großhirnrinde im supplementär-motorischen Cortex auf, es erscheint bis maximal zu einer Sekunde aber niemals mehrere Sekunden oder gar Minuten vor einer Bewegungsvorbereitung.
Was ist hier geschehen? Der philosophierende Herr Strasser hat offensichtlich die Experimente, von denen er mal irgendwie, irgendwann etwas gehört haben mag, kurzerhand zusammengemixt und deklassiert sich dadurch öffentlich als jemand, der zwar über etwas Halbwissen verfügt, von der Materie aber im Grunde keine Ahnung hat.
Ein Bereitschaftspotential lässt sich nur elektrisch ableiten, nicht aber im MRT darstellen, auf dem Einsatz von letzterem beruhten aber die Experimente von zB. Haynes u.a., in denen schon 7 Sekunden (nicht aber Minuten!) vor einer Entscheidung, (Bewegung des rechten oder des linken Zeigefingers), für den Versuchsleiter ablesbar war, für welchen Finger sich die Probanden entscheiden würden.
Es gibt keine Testverfahren, in denen Minuten vor einer Entscheidung, eine Vorhersage via Messverfahren möglich wäre, offensichtlich hat Herr Strasser zu allem Überfluss nicht nur die Experimente durcheinander gebracht, sondern auch noch die korrelierten Zeiteinheiten vertauscht.
Dass hier verschiedene Messtechniken zum Einsatz kamen und Verschiedenes gemessen wurde – geschenkt, solche Details und Differenzierungen verderben nur das Aufregermenü, das im philosophischen Küchenkabinett des Herrn Strasser zusammengerührt wurde.
“ Ich habe kein Ich, so wie ich eine Nase habe“
Der Zustand der Welt – warum es Willensfreiheit nicht geben kann
Eine elegante und zugleich präzise Begründung über die Unmöglichkeit der Willensfreiheit in einer – abgesehen von Quanteneffekten – vollständig kausal bedingten Welt, findet sich auf dem Blog von Martin Bäker:
Jede Entscheidung, die ich treffe, ist durch den Zustand der Welt zu Beginn des Entscheidungsprozesses determiniert.
Es ist nach diesem Standpunkt also nicht denkbar, dass ich mich auch hätte anders entscheiden können.
Martin Bäker: Hier-wohnen-Drachen-Warum ich das Problem nicht verstehe
Taschenspielertricks
„Der Determinismus ist ja nur deswegen etwas, was uns beunruhigt, wenn wir über den freien Willen reden, weil wir das Gefühl haben, dass es irgendetwas gibt – die Naturgesetze, der liebe Gott, unser Gehirn, was für uns handelt. Dafür aber haben wir keine Indizien.“
Markus Gabriel, Podcast, Deutschlandfunk, 10. 11. 2016
Die Naturgesetze handeln für uns? Hat man jemals einen Physiker davon sprechen hören, die Naturgesetze handelten für einen? Naturgesetze beschreiben Kräfte und Gesetze, denen alle Materie bis auf die Teilchenebene unterliegt und jeder Mensch, da ebenfalls aus Atomen und Teilchen aufgebaut, unterliegt daher auch denselben Kräften und Gesetzen.
Wer soll mit „wir“ überhaupt gemeint sein? Zombies, für die die Naturgesetze das Handeln übernommen haben? In die rhetorische Frage hat Gabriel praktischerweise das, was er zunächst einmal zu beweisen hätte, dass es da nämlich ein Gegenüber, ein Außerhalb zu den Naturgesetzen geben könnte, gleich mal als unhinterfragte Prämisse hineingelegt, um daran anschließend Wissenschaftlern Behauptungen zu unterstellen, die diese niemals geäußert haben. (mehr …)
Point of no return – warum das Veto-Experiment nichts über die Existenz eines freien Willens aussagt
„Unser Wille ist freier als angenommen“ – so konnte man es im Januar 2016 in den Headlines zahlreicher Medien [1] lesen, die über das sogenannte Veto-Experiment berichteten, das 2015 unter der Leitung von John-Dylan Haynes vom Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité in Zusammenarbeit mit Benjamin Blankertz und Matthias Schultze-Kraft von der Technischen Universität Berlin durchgeführt wurde.
Ausgangspunkt für die fast immer gleichen Schlagzeilen war offensichtlich der Teaser auf der Website der Charité , in welchem im Dezember 2015 zuerst die Formulierung auftauchte von dem „Willen, der freier sei als angenommen“, eine Folgerung, die sich aus den Resultaten des Veto-Experiment ergeben würde.
Diese Behauptung ist jedoch irreführend und falsch. Aus dem Vetoexperiment folgt ganz und gar nicht, dass der Wille frei oder auch nur „freier“ sei, als bisher gedacht. Das Experiment untersucht etwas ganz anderes als das, für das es durch John-Dylan Haynes in zahlreichen Interviews der Öffentlichkeit verkauft wird.
Tatsächlich geht es bei dem sogenannten Veto Experiment um die Schnelligkeit und die Grenzen der Informationsverarbeitung, d.h. um das Reaktionsvermögen bei neuen Signalen, die erst in Sekundenbruchteilen vor Ausführung einer beabsichtigen Handlung eintreffen und die im Widerspruch zur ursprünglichen Information und damit im Widerspruch zur ursprünglichen Handlungsintention stehen.
Zum Ablauf des Veto-Experiments
Das Experiment wurde in Analogie zu einer Haltesituation vor einer Ampel konzipiert. Auf dem Bildschirm erscheinen abwechselnd grüne und rote Signale. Die Instruktion an die Probanden lautete: “ Drücken Sie, wann immer Sie wollen, es sei denn, das Licht ist rot geworden“ . Drücken die Probanden, deren Hirnströme während des Experiments per EEG ausgelesen werden, bei Grün das Pedal, gewinnen sie einen Punkt, im Versagensfall, sie drücken das Pedal obwohl ein Wechsel auf Rot erfolgte, wird ihnen ein Punkt abgezogen.