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Ohne Schuld – Der U-Bahntreter von Berlin
Der 28-jährige Svetoslav S., der in einem Berliner U-Bahnschacht eine 26-jährige Studentin mit einem Fußtritt die Treppe hinunterstieß, muss für drei Jahre ins Gefängnis. Dem Bulgaren wurde aufgrund einer Intelligenzminderung, einer Gehirnschädigung infolge eines Autounfalls und wegen Drogengebrauchs verminderte Schuldfähigkeit durch einen Gutachter attestiert. (FAZ, 06.07. 2017) Gesetzt den Fall, sowohl in der Rechtswissenschaft, als auch an den Gerichten hätte sich das Wissen um das Fehlen eines freien Willens durchgesetzt – wie würde die rechtliche Behandlung dieses Falles aussehen?
Wenn es keine Schuld gibt, dann kann es auch keine Schuldminderungsgründe mehr geben. Wo nichts ist, kann nichts mehr gemindert werden. In der Bewertung des Falles spielte es also keine Rolle, ob Svetoslav S. nur intelligenzgemindert wäre, ob er zusätzlich noch Drogen genommen, und/oder er den Autounfall erlebt hätte.
Würde es einen Unterschied machen, wenn man bei Svetoslav S. überdurchschnittliche Intelligenz und in der Vergangenheit ein drogenfreies Leben nachgewiesen hätte ? – Nicht, wenn der Bezugrahmen zur Straffestsetzung die Feststellung einer individuellen Schuld wäre, denn auch ein hochintelligenter Svetoslav S, der die gleiche Tat begangen hätte, hätte nicht anders handeln können, als er gehandelt hat. Ob die gleiche Tat durch ein massiv geschädigtes Hirn oder durch ein Gehirn mit nur geringfügig feststellbaren Schäden verursacht wurde ist ohne Bedeutung; in beiden Fällen liefen die neuronalen Prozesse in determinierter (evtl auch indeterminierter) Weise ab, auf deren Ergebnis der Täter in keinem Fall Einfluss nehmen konnte.