Illusion Willensfreiheit

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Archiv für das Jahr 2018

Unpredictability – What free will is not about

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Among the physicists there are some who do no favours to the discussion about freedom of will, because they attribute this completely new, namely their own, highly personal definitions of freedom of will, which have nothing at all to do with the original view of what free will means.
This then leads, as in the case of Michio Kaku, to the absurd result that he publicly declares himself a follower of free will, while he is actually convinced that man is not responsible for his actions and is therefore innocent. But according to Kaku, man has freedom of will after all. This contradiction can only be resolved if one understands that Kaku does not associate freedom of will with being able to act otherwise, but wishes to have non-deterministic effects taken into account through the influence of quantum mechanics, so that the future is not predictable for man – and that, Heisenberg’s principle of uncertainty, is freedom of will.

What is Consciousness ? - Three Stages of Consciousness | Michio Kaku

Photo © YouTube

11:00 / 19:47 What is Consciousness ? – Three Stages of Consciousness
Here Kaku leads the discussion ad absurdum. For quantum-mechanical influences may contribute to a different course when history is rewound and then restarted, but they offer just as little freedom for a different action as a completely determined process.

Note: Heisenberg’s uncertainty principle applies to all living things: bacteria, fungi, plants, animals – their future is also unpredictable, and this means, conversely, that „freedom of will“ also applies to the common meadow mushroom, the bacterium pseudomonas syringae, the forest mouse and the black-spotted domestic cow. This is the logical and mad continuation of Kaku’s self-definition of free will …. (And by the way: There are indeed researchers who have attested the fruit fly a Free Will in all seriousness, since it behaved unpredictably in experiments in which it was examined for its escape behaviour … )

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Warum die Physik zum Freien Willen besser schweigen sollte – What?

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Für Florian Aigner, Physiker und Wissenschaftsjournalist, ist das mit dem freien Willen eine ganz einfache Sache. In: Der Zufall, das Universum und Du schreibt er:

„Es mag schon sein, dass der freie Wille auf der Aktivität unserer Nervenzellen beruht, und dass diese Nervenzellaktivität nichts anderes ist als eine Folge von chemischen und physikalischen Reaktionen. Doch das bedeutet nicht, dass wir auf der Ebene der Physik über Willensfreiheit reden können. Das ist nun mal ein Begriff der dort nichts verloren hat. Wir können auch niemandem erklären, wie eine Papaya schmeckt, wenn wir ihre chemischen Inhaltsstoffe sauber und gründlich aufschreiben.“ (1)

Aigner vermengt hier zunächst das Thema der Qualia mit der Frage des freien Willens; Qualia sind nicht Gegenstand der Willensfreiheitsdebatte. Diese handelt von der Vorstellung, dass der Mensch in einer konkreten Situation anders hätte handeln können, als er tatsächlich gehandelt hat. Auf dieser Annahme gründet der Schuldvorwurf.

Willensfreiheit beinhaltet jedoch nicht die Frage,  wie es sich anfühlt, der Täter einer bestimmten Straftat zu sein.

Oberflächlich betrachtet hat Aigner recht: Auf der Ebene der Physik kann man im Prinzip über nichts Menschliches Allzumenschliches mehr sprechen: Liebe, Hass, Neid, Gier, Habsucht, Freundschaft  – alle diese Konzepte sind in der Welt der vier fundamentalen Wechselwirkungen  – Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung und Gravitation – sinnlos, man trifft sie dort schlicht nicht an. Nur beruht das Phänomen des Verliebtseins etwa nicht auf Gehirnaktivität?  Alle Empfindungen werden schließlich durch Nervenzellaktivitäten hervorgebracht und diese beruhen wiederum – wie Aigner selbst konstatiert – auf elektrischen und chemischen Prozessen und unterliegen also ausnahmslos den Gesetzen der Physik.

Und wenn alles Verhalten, ob von Mensch oder Tier, von den vier fundamentalen Gesetzen der Wechselwirkung regiert wird, dann KANN es keine Willensfreiheit, keine Freiheit von diesen physikalischen Gesetzen geben. Auf welcher Beschreibungsebene man auch immer ansetzt, ist dabei völlig gleichgültig: jede Behauptung, durch die impliziert wird, man könne in irgendeiner Weise unabhängig von diesen Gesetzen denken, fühlen oder handeln, verletzt das Standardmodell der Physik.

Im Grunde führt Aigner ein Scheinargument auf, wenn er insistiert, die Physik sei für die Frage nach dem Freien Willen schlicht nicht zuständig. Denn selbstverständlich dürfen auf keiner einzigen Beschreibungsebene Annahmen gemacht werden, die den physikalischen Grundprinzipien zuwiderlaufen; sie müssen mit diesen vereinbar sein.

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Harroganz – when Halbwissen meets Arroganz

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Philosophen, die der Meinung sind, das Thema Willensfreiheit sei vor allem ihr Metier und noch vor Neurologen oder anderen Naturwissenschaftlern sei es an ihnen, Aussagen über die Existenz oder Nichtexistenz des freien Willens zu treffen,  hat man ja schon einige kennen lernen dürfen. Es zeigte sich dann wiederholt, dass die selbstgewisse Proklamation fachlicher Zuständigkeit sich oftmals umgekehrt proportional zu dem von den Philosophen gezeigten Verständnis wissenschaftlicher Zusammenhänge verhielt, knowledge gaps everywhere; man ist also schon einiges gewohnt.

Das Ausmaß an Herablassung bei gleichzeitiger Ahnungslosigkeit zum Thema selbst, das Thomas Metzinger in einem Interview auf Telepolis offenbart, ergibt dann aber doch noch mal eine besondere Qualität und würde es die Metapher vom Elfenbeinturm nicht geben, man müsste sie aus Anlass von Metzingers Äußerungen neu erfinden.

„Selbstgefällige ältere Herren“

Befragt zu den verschiedenen Positionen,  die es in der Debatte um die Willensfreiheit gibt, behauptet Metzinger, es gäbe diese Parteien gar nicht, stattdessen aber:

“ Was es gibt, sind selbstgefällige ältere Herren, die etwas über 30 Jahre alte Experimente von Benjamin Libet aufgeschnappt haben und sich im Feuilleton konservativer Tageszeitungen lächerlich machen. Es gibt auch einige wenige Vertreter der Hirnforschung, die die Feinheiten der philosophischen Willensfreiheitsdebatte nicht kennen …und dem öffentlichen Ruf ihrer eigenen akademischen Disziplin schaden.“

Wer die selbstgefälligen älteren Herren sind, und weshalb sie sich lächerlich gemacht und welche Hirnforscher warum dem Ruf ihrer akademischen Disziplin geschadet haben – man erfährt es nicht; zu allem schweigt Herr Metzinger vornehm, so wie er sich auch über Jahre zur Debatte um den freien Willen ausschweigen musste:   „Ich bin wirklich froh, dass ich die innere Disziplin aufgebracht habe, die so genannte „Willensfreiheitsdebatte“ über die letzten Jahre zu boykottieren“.

TOO BIG TO BE DISCUSSED 

Herrn Metzinger treibt zudem noch ein ganz besonderes Problem um, das sich häufig einstellt, wenn man im Elfenbeinturm wohnt: (mehr …)

Freier Wille – nur eine Fata Morgana

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It is fine to talk of free will as an emergent, or even convergent result, yet if that result is an illusion, then we still can’t call it real. I would say that Free-will is less like a baseball and more like a mirage in the desert. It is as real to us as water when we see it, but when we get up close it disappears.

Matthew Putnam

 

 

 

Bei der Nase des Philosophen

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Der Philosoph Peter Strasser empört sich in der NZZ, ( „Verschwindet mit dem freien Willen auch die freie Gesellschaft?“ ) über Aussagen der Neurowissenschaften im Allgemeinen und kritisiert die Relevanz ihrer Experimente im Besonderen und zeigt en passant was passiert, wenn Philosophen sich anmaßen, über naturwissenschaftliche Testverfahren urteilen zu können, die sie offensichtlich nicht nur nicht verstanden haben, sondern die sie noch nicht einmal zu unterscheiden in der Lage sind.

Strasser führt aus, dass seit den Libet-Experimenten die Resultate der Hirnforschung  zwar immer in dieselbe Richtung deuteten: Der Mensch entscheidet nicht und weder gibt es das Ich noch den freien Willen,  jedoch; die Fortführung der Experimente zeige etwas „Differenziertes“ :

Zwar beginnt  der Aufbau des sogenannten «Bereitschaftspotenzials» im Gehirn schon Sekunden, ja Minuten vor der vermeintlich freien Entscheidung. Aber die Prognosen gehen umso öfter fehl, je mehr Zeit die Person hat, gute Gründe für ihre Entscheidung zu finden. „

Das Bereitschaftspotenzial erscheint schon Minuten vor der Entscheidung?

Das Bereitschaftspotential gehört zur Gruppe der langsamen antizipatorischen Potentiale, es lässt sich elektrisch (per EEG) ableiten und tritt kurz, im Millisekundenbereich,  vor willkürlichen Bewegungen in der Großhirnrinde im supplementär-motorischen Cortex auf, es erscheint bis maximal zu einer Sekunde aber niemals mehrere Sekunden oder gar Minuten vor einer Bewegungsvorbereitung.

Was ist hier geschehen? Der philosophierende Herr Strasser hat offensichtlich die Experimente, von denen er mal irgendwie, irgendwann etwas gehört haben mag, kurzerhand zusammengemixt und deklassiert sich dadurch öffentlich als jemand, der zwar über etwas Halbwissen verfügt, von der Materie aber im Grunde keine Ahnung hat.

Ein Bereitschaftspotential lässt sich nur elektrisch ableiten, nicht aber im MRT darstellen, auf dem Einsatz von letzterem beruhten aber die Experimente von zB. Haynes u.a., in denen schon 7 Sekunden (nicht aber Minuten!) vor einer Entscheidung, (Bewegung des rechten oder des linken Zeigefingers), für den Versuchsleiter ablesbar war, für welchen Finger sich die Probanden entscheiden würden.

Es gibt keine Testverfahren, in denen Minuten vor einer Entscheidung, eine Vorhersage via Messverfahren möglich wäre, offensichtlich hat Herr Strasser zu allem Überfluss nicht nur die Experimente durcheinander gebracht, sondern auch noch die korrelierten Zeiteinheiten vertauscht.

Dass hier verschiedene Messtechniken zum Einsatz kamen und Verschiedenes gemessen wurde – geschenkt, solche Details und Differenzierungen verderben nur das  Aufregermenü, das im philosophischen Küchenkabinett des Herrn Strasser zusammengerührt wurde.

 

“ Ich habe kein Ich, so wie ich eine Nase habe“

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Der Zustand der Welt – warum es Willensfreiheit nicht geben kann

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Eine elegante und zugleich präzise Begründung über die Unmöglichkeit der Willensfreiheit in einer – abgesehen von Quanteneffekten – vollständig kausal bedingten Welt, findet sich auf dem Blog von Martin Bäker:

Jede Entscheidung, die ich treffe, ist durch den Zustand der Welt zu Beginn des Entscheidungsprozesses determiniert.

Es ist nach diesem Standpunkt also nicht denkbar, dass ich mich auch hätte anders entscheiden können.

 

Martin Bäker: Hier-wohnen-Drachen-Warum ich das Problem nicht verstehe